Nießbrauch im Steuerrecht:
Ein Anker am Hafen

Inhaltsverzeichnis

Wie Sie Immobilien clever übertragen und Steuern sparen

Die Übertragung von Immobilien im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist ein fester Bestandteil unserer steuerlichen Gestaltungsberatung. Dabei stellt sich häufig die Frage: Was ist sinnvoller – eine Übertragung mit oder ohne Nießbrauch?

Und wie wirkt sich der Nießbrauch steuerlich aus? In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen die wichtigsten Aspekte, Fallstricke und Gestaltungsmöglichkeiten aus fachlicher Sicht.

Was ist Nießbrauch aus steuerlicher Sicht?

Der Nießbrauch ist ein umfassendes Nutzungsrecht, das in § 1030 BGB geregelt ist. Es berechtigt eine Person, ein Grundstück zu bewohnen oder zu vermieten und die Erträge (z. B. Mieteinnahmen) für sich zu behalten – ohne Eigentümer der Immobilie zu sein.

Der Nießbrauch wird notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen, sodass er auch gegenüber Dritten (z. B. Käufern oder Gläubigern) wirksam ist.

Steuerlich wirkt sich der Nießbrauch sowohl bei der Schenkungsteuer als auch bei der Einkommensteuer aus.

Nießbrauch reduziert die Schenkungsteuer

Wenn Eltern ihren Kindern eine Immobilie schenken, kann Schenkungsteuer anfallen. Wird die Immobilie jedoch unter Vorbehalt eines Nießbrauchs übertragen, wird der Kapitalwert des Nießbrauchs vom Steuerwert der Immobilie abgezogen.

Der Wert des Nießbrauchs berechnet sich nach § 14 Abs. 1 BewG: Jahreswert der Nutzung (z. B. Nettomieteinnahmen) × Vervielfältiger aus der BMF-Tabelle – abhängig von Alter und Geschlecht des Nießbrauchers.

Beispiel:
Eine Mutter (62 Jahre) überträgt ihrem Sohn eine vermietete Eigentumswohnung im Wert von 500.000 €.
Die jährliche Nettokaltmiete beträgt 12.000 €. Der altersabhängige Vervielfältiger: 12,3.
→ Kapitalwert des Nießbrauchs: 147.600 €
→ Steuerpflichtiger Erwerb: 352.400 €
→ Nach Abzug des Freibetrags von 400.000 €: keine Schenkungsteuer

Tipp: In 9 von 10 Fällen lohnt sich ein Verkehrswertgutachten nach § 198 BewG, um:

  • einen niedrigeren Verkehrswert nachzuweisen,
  • eine Steueroptimierung zu erreichen und
  • eine Korrektur bei vorzeitigem Tod zu vermeiden (§ 14 Abs. 2 BewG).

Einkommensteuerliche Aspekte: Wer versteuert die Mieteinnahmen?

Beim Vorbehaltsnießbrauch stehen die Mieteinnahmen weiterhin dem Schenker zu. Dieser versteuert sie als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 22 EStG.

Der Nießbraucher kann Werbungskosten wie Instandhaltung, Grundsteuer oder Abschreibungen (AfA) geltend machen.

Der Erwerber erhält zwar zivilrechtlich das Eigentum, ist aber mangels Nutzungsrecht weder wirtschaftlicher Eigentümer noch steuerlich begünstigt.

Für die Familie bedeutet das: Die Immobilie verbleibt steuerlich beim Übergeber, was bei hoher Einkommensteuerbelastung sinnvoll sein kann. Gleichzeitig wird die Erbmasse gemindert.

Nießbrauch und Pflichtteilsergänzungsanspruch

Ein wichtiger Punkt bei der Nachfolgeplanung: Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt gelten zivilrechtlich als gemischte Schenkung. Dadurch wird der verschenkte Gegenstand nicht vollständig aus der Pflichtteilsergänzung herausgerechnet – selbst wenn die Schenkung mehr als zehn Jahre zurückliegt (§ 2320 BGB i. V. m. BGH-Rechtsprechung).

Wichtig: Die zehnjährige Abschmelzungsfrist beginnt nicht, solange der Nießbrauch besteht. Wer also bestimmte Erben gezielt benachteiligen möchte, sollte diese Regel kennen.

Varianten des Nießbrauchs: Versorgung, Vermächtnis, Rente

Neben dem klassischen Vorbehaltsnießbrauch existieren weitere Varianten:

  • Versorgungsnießbrauch: Dient der finanziellen Absicherung des Ehepartners, wenn dieser sich ein Nießbrauchsrecht vorbehält.
  • Vermächtnisnießbrauch: Der Erblasser ordnet im Testament an, dass ein Erbe einem Dritten ein Nießbrauchsrecht einräumen muss.
  • Nießbrauch gegen Rente: Die Immobilie wird gegen wiederkehrende Leistungen übertragen. Steuerlich handelt es sich um eine gemischte Schenkung, deren Barwert berücksichtigt wird.

Fazit: Mit Nießbrauch Steuern sparen und Rechte sichern

Die Bestellung eines Nießbrauchs kann erhebliche steuerliche Vorteile – insbesondere bei der Schenkungsteuer – bringen. Richtig eingesetzt, ermöglicht er eine frühzeitige Vermögensübertragung, ohne die wirtschaftliche Nutzung aufzugeben.

Erträge und Steuerpflichten können so gezielt im Familienverbund gesteuert werden.

Wichtig: Die Gestaltung muss fachlich und formell korrekt erfolgen, sonst drohen Rückfragen vom Finanzamt oder Nachteile in der Steuerwirkung.

Lassen Sie sich deshalb im Vorfeld beraten. Wir unterstützen Sie gerne bei der Entwicklung einer individuellen und rechtssicheren Nießbrauchslösung für Ihre Familie.

Kontaktieren Sie uns – wir freuen uns auf Ihre Anfrage! 📩

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Artur Radke Steuerberater | Partner
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