Schenkung unter Lebenden 

 

 

„Warme Hand schenkt doppelt“, sagt der Volksmund und warnt zugleich: „Zieh die Schuhe nicht aus, bevor du am Fluss stehst!“ Es stellt sich also die Frage: Wann sind Schenkungen zur vorweggenommenen Erbfolge sinnvoll und wie können sie inhaltlich so gestaltet werden, dass der Schenker keine kalten Füße bekommt? 

 

Die Motive des Schenkers (Versorgung von Angehörigen, Finanzierung der Ausbildung, Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen, Steuerersparnis oder einfach Großzügigkeit) können sehr unterschiedlich sein. Je nach Motiv empfiehlt es sich daher, sowohl einen Steuerberater als auch einen Rechtsanwalt zu konsultieren. 

 

  • Begriff 

 

Schenkung ist eine unentgeltliche Zuwendung des Schenkers an den Beschenkten. Zu unterscheiden ist zwischen der so genannten Handschenkung und der Schenkung durch Vertrag:  

 

Bei der Handschenkung wird die Zuwendung sofort vollzogen, d.h. das Eigentum an dem geschenkten Gegenstand geht sofort über. Typische Beispiele sind Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke. Die Handschenkung bedarf keiner besonderen Form.  

 

Von der Handschenkung zu unterscheiden ist die Vertragsschenkung. Hier verpflichtet sich der Schenker vertraglich, dem Beschenkten eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich der Schenker verpflichtet, dem Beschenkten seine Briefmarkensammlung zu schenken. Ein Schenkungsversprechen in dieser Form bedarf der notariellen Beurkundung. 

 

  • Gemischte Schenkung 

 

Wird ein Gegenstand teils entgeltlich, teils unentgeltlich erworben, liegt eine gemischte Schenkung vor. Ein Erwerb z.B. unter dem Verkehrswert führt in der Regel zu einer gemischten Schenkung. 

 

Liegt eine gemischte Schenkung vor, ist der Erwerb in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Der entgeltliche Erwerb führt beim Erwerber zu einem steuerlich berücksichtigungsfähigen Erwerb in Höhe des Entgelts. Beim Veräußerer kann der entgeltlich veräußerte Teil zu einem steuerpflichtigen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft führen (Grundstücksveräußerung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist). 

 

  • Schenkung unter Auflagen 

 

Bei der Schenkung unter Auflage wird die Zuwendung mit einer Bestimmung verbunden, die den Beschenkten zu einer Leistung oder Duldung verpflichtet.  

 

Die Auflage kann zum einen zugunsten des Beschenkten erfolgen; in diesem Fall ist sie nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 9 ErbStG). 

 

Beispiel 1: 

Vater V überträgt seinem Sohn S im Wege der Schenkung ein Mietwohngrundstück. Der Verkehrswert beträgt 850.000 €, der steuerliche Grundstückswert 790.000 €. Im Gegenzug muss T seinem Vater eine lebenslängliche dauernde Last (Barwert 200.000 €) auferlegen. Der Zeitpunkt der Zuwendung ist der 01.02.2024. 

 

T hat V in Form der dauernden Last Geldleistungen zu erbringen. Diese sind geringer als der Verkehrswert des übertragenen Grundstücks.  

 

Es ist daher von einer gemischten Schenkung bzw. Schenkung unter Leistungsauflage auszugehen. 

 

 

Beispiel 2: 

Vater V überträgt seiner Tochter T am 1.2.2024 im Wege der Schenkung ein Einfamilienhaus. Der Verkehrswert beträgt 560.000 € und der steuerliche Grundbesitzwert 520.000 €. Als Gegenleistung verpflichtet Vater V seine Tochter T zur Zahlung eines Gleichstellungsgeldes an seinen Bruder B in Höhe von 280.000 €. Zeitpunkt der Zuwendung ist der 01.04.2024. 

 

Die Zahlung des Gleichstellungsgeldes, das unter dem Wert des übertragenen Einfamilienhauses liegt, führt bei T zu einer gemischten Schenkung bzw. Schenkung unter Leistungsauflage. Gleichzeitig liegt auch eine Schenkung des Vaters V an den Bruder B vor.