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Sind Kapitalertragsteuern als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?

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Sind Kapitalertragsteuern als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?
Ein Messschieber mit einem Stapel Münzen eingeklemmt.

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 2.11.2023 – 3 K 2755/22 Erb.) ist die auf den Erwerb eines gegen eine GmbH gerichteten Ausschüttungsanspruchs entfallende Kapitalertragsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen.

Die Entscheidung des Finanzgerichts

Die bei der Auszahlung der Gewinnausschüttung einbehaltene Kapitalertragsteuer sowie der Solidaritätszuschlag sind nach Auffassung des Finanzgerichts beim Erben erbschaftsteuerlich nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar.

Insbesondere liege kein Fall des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG vor.

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind die vom Erblasser herrührenden Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind.

Zwar war die wirtschaftliche Ursache für die Belastung der Ausschüttung mit Steuern bereits vor dem Todeszeitpunkt gesetzt worden, da im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Ausschüttung durch die Gesellschafterversammlung bereits feststand, dass bei den nicht beherrschenden Gesellschaftern im Zeitpunkt der Fälligkeit des Zahlungsanspruchs Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einzubehalten und abzuführen sein würde (§ 43 Abs. 1 EStG).

Die Verwirklichung des einkommensteuerlich relevanten Tatbestands als maßgeblicher Umstand für die Abzugsfähigkeit bei der Erbschaftsteuer sei jedoch noch nicht durch die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vor dem Tod des Erblassers, sondern erst mit dem Zufluss der Ausschüttung eingetreten, da die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG erst zu diesem Zeitpunkt entstanden sei. Der Steuertatbestand wurde somit erst nach dem Tod des Erblassers durch den Erben verwirklicht und die Kapitalertragsteuer für diesen einbehalten.

Hinweis:

Etwas anderes gilt hingegen bei einem beherrschenden Gesellschafter: Sofern die Gesellschaft zahlungsfähig ist, ist bei ihm nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (z.B. BFH 2.12.14, VIII R 2/12, BStBl II 15, 333, Rz. 14 m.w.N.) der Zufluss bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung anzunehmen, da es ansonsten der Gesellschafter selbst in der Hand hätte, den Zeitpunkt des Zuflusses zu bestimmen.

Wichtig für die Praxis

Einkommensteuerschulden für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers abgelaufen sind, sind unabhängig davon, ob sie im Todeszeitpunkt des Erblassers bereits festgesetzt waren oder nicht, mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (R E 10.8 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ErbStR).

Gleiches gilt für Abschlusszahlungen auf die Einkommensteuer des Erblassers für das Todesjahr einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag (BFH 4.7.12, II R 15/11, BStBl II 12, 790; R E 10.8 Abs. 3 ErbStR).

Demgegenüber entstehen Einkommensteuer-Vorauszahlungen mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem sie zu entrichten sind (§ 37 Abs. 1 Satz 2 EStG). Sie sind nur insoweit abzugsfähig, als die Vorauszahlungen bis zum Todeszeitpunkt des Erblassers bereits festgesetzt und entstanden und bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht entrichtet worden sind (R E 10.8 Abs. 4 S. 1 und 2 ErbStR).

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Artur Radke Steuerberater | Partner
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